Studie zur Zukunft der Designlehre (2015–2016)

STUDIE ZUR ZUKUNFT DER DESIGNLEHRE

Wie es dazu kam und worum es geht

Die Berufspraxis im Design ist im Wandel. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Ausbildung, wenn sie die Veränderung aktiv begleiten und mitgestalten will?

Inwiefern ist die gegenwärtige Lehre dienlich für einen künftigen Erfolg im Design ist und in welcher Hinsicht sind Änderungen erforderlich? Wie sieht im Idealfall eine neue Designhochschule aus, die sich radikal mit der Bewältigung der Zukunft befasst? Welche Inhalte würden hier vermittelt? Welche Methoden würden angewandt? Wie wäre diese neue Designhochschule organisiert? Welchen Aufgaben und Zielen würde sie sich verschreiben?

Dieses Thema veranlasste im Jahr 2015 die iF Design Foundation (damals noch: iF Industrie Forum Design e.V.) dazu, eine Studie zur Zukunft der Designlehre zu initiieren. Sie wurde von Dr. René Spitz, Professor für Designwissenschaft und Kommunikationsmanagement an der Rheinischen Fachhochschule (RFH) Köln, durchgeführt.

Diese Untersuchung bestand im Kern aus leitfadengestützten Interviews. Zwischen Februar und Oktober 2016 wurden insgesamt 150 Expert:innen in 25 Städten, verteilt auf 11 Länder auf drei Kontinenten, befragt. Um eine möglichst hohe Diversität zu gewährleisten, zählten zu den Interviewten neben Studierenden auch Lehrende, Freelancer ebenso wie festangestellte Designer:innen, Berufsanfänger:innen genauso wie Designmanager:innen großer Konzerne.

Neben der systematischen Analyse der Aufzeichnungen aller Interviews wurde der wissenschaftliche Diskurs über die Grundlagen und die Praxis der Designausbildung ausgewertet. Hinzu kam eine Recherche der Veröffentlichungen internationaler Designhochschulen über ihr Programm.

”Meine eigene Arbeit als Designerin im Kontext komplexer sozialer Herausforderungen stimmt mich zuversichtlich, dass Design ein wirkmächtiges Werkzeug für den Wandel ist und weiterhin sein wird.“

Annette Diefenthaler

Ergebnisse und Konsequenzen

Aus den Ergebnissen der Studie lassen sich verschiedene Schlussfolgerungen für die Designlehre der Zukunft zusammenfassen:

Als Ziel einer gestalterischen Aufgabe wird künftig nicht die Formulierung einer isolierten Einzellösung angestrebt werden, sondern Design wird als prozessorientierte Tätigkeit praktiziert. Dabei geht es um die Bildung von bedeutungsvollen Zusammenhängen (Systeme). Ästhetische Entscheidungen werden am Ende dieses integrativen Prozesses stehen, in dessen Verlauf viele unterschiedliche, teilweise auch widersprüchliche Interessen berücksichtigt werden. Um dem ganzheitlichen Anspruch zu genügen, erfahren die nicht-ästhetischen Aspekte einer Aufgabe (technische, betriebswirtschaftliche, kulturelle, politische, gesellschaftliche) erheblich größere Aufmerksamkeit im Studium als bisher. Der Maßstab gesellschaftlich verantwortlicher Werte durchdringt alle Bereiche des Studiums.

Es ist davon auszugehen, dass das Studium der Bearbeitung realer Projekte in Kooperation mit Auftraggebern aus der Wirtschaft und Gesellschaft organisiert sein wird, Stichwort project based learning bzw. learning by doing). Dementsprechend erfolgt jegliche Form der Wissensvermittlung bzw. des Austauschs unmittelbar am konkreten Beispiel. Dabei strukturieren iterative Schleifen sowohl die Bearbeitung des einzelnen Projekts als auch den gesamten Studienverlauf.

Die Studierenden arbeiten stets gemeinsam in Gruppen mit wechselnden Konstellationen in möglichst diversen Zusammensetzungen. Dabei wird Experimenten, Forschung und Wissenschaft ein größerer Anteil am Studium eingeräumt. Das Training der Kompetenzen verbaler, non-verbaler, visueller, interpersoneller Kommunikation nimmt eine zentrale Rolle des Studiums ein. Zudem ist davon auszugehen, dass gestalterische Kompetenzen künftig als Grundlagen vorausgesetzt werden und ihre Vermittlung nicht mehr im Fokus der Ausbildung steht. Prototypen als Etappen des Entwicklungsprozesses werden sowohl manuell in Werkstätten als auch digital beim Programmieren hervorgebracht.

Von der Studie zu den Hearings

Die Interviews der Studie 2016 endeten meist damit, dass die Gesprächspartner wissen wollten, welche Ansichten und Einschätzungen bisher vorgetragen wurden. Die iF Design Foundation nahm diese Anregung einer Feedback-Schleife 2018 auf und richtetet folglich vier Hearings aus, die 2019 und 2020 in Europa, den USA, Asien und Afrika stattfanden.