Impuls 1: Learning and Teaching Sciences

21.–23.03.2023

Impulse für ein neues Curriculum, Teil 1
Learning and teaching sciences

Wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse und in der Praxis bewährte Methoden für lernfreundliche Erlebnisse.

Die rund 30 Teilnehmer, die nun an der Veranstaltung zum Schwerpunkt „Learning and Teaching Sciences“ teilgenommen haben, repräsentieren das breite Spektrum der Tätigkeiten, die mit Design verbunden werden: Lehre und Forschung (überwiegend), aber auch Designpraxis (selbständig und angestellt), Beratung, Management, Ausstellungen und Journalismus.

Learning Experience Design

Den ersten Impuls zum Thema „Learning Experience Design“ lieferte Dr. Colin Beard, Professor für Experiential Learning an der Sheffield Hallam University. Er ist bekannt als weltweit aktiver Berater, Autor und erfahrener Praktiker für Lernen, das durch das persönliche Erleben unterstützt wird. Beard hat mit vielen Organisationen zusammengearbeitet, darunter das Foreign Service Department der US-Regierung, das an der Ausbildung von Diplomaten und Botschaftern arbeitet. In seinem Impuls stellte er einen breiten, ganzheitlichen Ansatz des menschlichen Lernens vor, der mehrere menschliche Fähigkeiten umfasst, welche bei der Gestaltung von Lernerfahrungen genutzt werden sollten. In seiner Präsentation der theoretischen Grundlagen erläuterte er einige Prinzipien für die Gestaltung von lernfreundlichen Situationen. Der anschließende Workshop bot die Gelegenheit, diese Theorien im Kontext der Designlehre anzuwenden. Beispielsweise sollte eine Gruppe mithilfe einer Mischung verschiedenartiger Industrieprodukte, die als Objekte auf dem Tisch lagen, eine Visualisierung des Konzepts Kreislaufwirtschaft entwickeln. Die kognitiven Prozesse innerhalb der Gruppen wurden durch den Einsatz von Hilfsmitteln und Hinweisen unterstützt, die auf räumlichen Metaphern beruhen.

Materiality of Learning

Der zweite Impuls zum Thema „Materiality of Learning“ stammte von Dr. Anna Keune, Professorin für Learning Sciences und Educational Design Technologies an der Technischen Universität München. In ihrer Forschung an der Schnittstelle von Lern- und Designwissenschaft untersucht sie Designtechnologien und -materialien für schulisches und außerschulisches Lernen. Sie verfolgt das Ziel, das Verständnis der geschlechtsspezifischen Materialität des MINT-Lernens und die Gestaltung von Bildungstechnologien zu verbessern, die alle Lernenden unterstützen. In ihrem Impuls skizzierte sie den Stand der Forschung über die nicht-neutrale Rolle von Werkzeugen und Materialien beim Lernen. Darauf folgte ihr Workshop zum Ausprobieren von Methoden, mit denen allgemeine Werte wie Empathie und Diversität in die Designlehre konkret integriert werden.

Growth Mindset

Mit dem dritten Impuls wurde eine weitere Facette des Themenspektrums „Learning and Teaching Sciences“ zur Sprache gebracht. Die Psychologin und promovierte Betriebswirtin Dr. Blanka Tacer, Gründungsmitglied des STEP Institutes in Ljubljana, Slowenien, richtete die Aufmerksamkeit auf das „Growth Mindset“. Als Expertin für die kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung von Pädagogen geht sie davon aus, dass diese Haltung entscheidend ist für aktives Lernen: Wenn Lehrende davon überzeugt sind, dass die Lernenden den hohen Ansprüchen tatsächlich genügen können, die an sie gerichtet werden, dann stärkt das nicht nur das prinzipielle Lernvermögen, sondern auch ihre Fähigkeiten in kritischem Denken und Kreativität. In ihrem Workshop entstanden praktische Konzepte, mit denen das Thema „Growth Mindset“ selbst zum Gegenstand von Lehrveranstaltungen werden kann.

Impact Measurement

Der vierte Impuls über „Impact Measurement“ kam direkt aus der Schnittstelle von Wirtschaft und Wissenschaft: Larry Corrio leitet das Impact Measurement bei IDEO in San Francisco. Zuvor war er als Senior Program Manager an der University of California, Projektberater beim New Schools Venture Fund sowie als wissenschaftlicher Berater am Institut für Internationale Bildung tätig; außerdem als außerordentlicher Professor an der California State University, Northridge sowie als Lehrer und Administrator an der Bishop Mora Salesian High School in Los Angeles. In seinem Impuls stellte er erst Ansätze für das Messen von Beiträgen in Lernsituationen vor. In seinem Workshop wurden für eine Vielzahl von Parametern, die für die Designpraxis relevant sind (z.B. Leidenschaft, kollaboratives Experimentieren, Abstraktionsfähigkeit) aber durch Klausuren oder Referate nicht angemessen geprüft werden können, neue Bewertungsinstrumente entwickelt: beispielsweise ein Würfel der Diversität, ein Fingerzeig der Neugier oder eine Muschel der Offenheit und Selbstreflexion.

Feedback der Teilnehmenden

Prof. Tanja Schmitt-Fumian

»In der heutigen, sich schnell entwickelnden Welt wird es für Pädagogen immer wichtiger, den aktuellen Stand und die Zukunft der Designausbildung zu diskutieren. Dazu gehört es, zu verstehen, wie Wissen innerhalb der Designdisziplin geformt und generiert wird, unser Verständnis von Design zu erweitern, um die tiefere Bedeutung von Objekten zu erfassen, die zentrale Rolle von Designern als Autoritäten für die Qualität von Produkten, Dienstleistungen und Organisationen anzuerkennen und die Notwendigkeit zu betonen, dass Designer „Systemdenker“ sein müssen, um Design effektiv in Richtung ganzheitlicher Nachhaltigkeit zu lenken, die ökologische, soziale und ökonomische Facetten umfasst.

Die Zusammenarbeit mit internationalen Experten und Partnern zur Entwicklung eines innovativen Designstudiums ist wirklich bemerkenswert. Bei all den Veranstaltungen, an denen ich teilgenommen habe, ist es selten, dass sich ein so internationales Konsortium erfahrener Pädagogen die Zeit nimmt, die Zukunft der Designausbildung eingehend zu erörtern, insbesondere im Hinblick auf den Lehrplan.

Da ich an der Akkreditierung eines der ersten Online-Design-Studiengänge beteiligt war, kann ich die Bedeutung dieser Bemühungen bestätigen. Die angebotenen Networking-Möglichkeiten waren von unschätzbarem Wert und haben großartige Einblicke gewährt.«

Tobias Lugmeier

»Mich inspiriert die Aufgabe, der sich die iF Foundation gestellt hat – und die Ernsthaftigkeit, Hingabe und Systematik mit der sie sich ihr nähert. Die Dekonstruktion und Neu-Gestaltung der Designlehre ist eine sehr komplexe Aufgabe, die sich – wenn überhaupt – nur kollektiv, im offenen Diskurs und mit so vielen und unterschiedlichen Beteiligten wie möglich bewältigen lässt.

Ich habe ein starkes persönliches Interesse daran zu verstehen wie sich das Berufsbild Design und dementsprechend die Design-Lehre entwickeln können / müssen, und möchte das Projekt deshalb gerne so oft es geht begleiten. Denn das Thema ist vielseitiger als es sich in einer einzelnen Veranstaltung auch nur ansatzweise abbilden lässt – und gerade hier liegt der Reiz der Symposien: Stück für Stück, Themenfeld für Themenfeld ein Gesamtbild zu erzeugen.

Das Format der Symposien/Workshops ist für mich besonders reizvoll, weil es Menschen aus unterschiedlichen Bereichen und mit unterschiedlichsten Erfahrungen zusammenbringt, um gemeinsam über eine wünschenswerte Zukunft nachzudenken – und welche Rolle Design darin spielen wird. Vor allem aber hat dadurch das Gehörte, Gesehene und Gedachte schon einen unmittelbaren Effekt auf die Gegenwart, denn es kann direkt aus den Workshops in die Realität (der Design-Lehre) getragen werden.«

Das Symposium

Ein öffentlich zugängliches Symposium fasst die Ergebnisse eines lernintensiven Workshoptages zusammen und lädt das Publikum zur Diskussion ein.

Jede Campus-Veranstaltung wird von einem öffentlichen Symposium abgerundet, das die Erkenntnisse der Workshops reflektiert und gemeinsam mit dem öffentlichen Publikum im X-D-E-P-O-T der Pinakothek der Moderne diskutiert. Blanka Tacer betonte nochmals, dass Talent der größte und schädlichste Mythos in der Bildung ist. Sie hob die Bedeutung des Growth Mindsets fürs Lernen hervor und erläuterte den Kenntnisstand der Wissenschaft dazu. „Was müssen wir tun, um Wachstumsmentalität in unsere Klassenzimmer zu bringen?“ wollten die Moderatoren Prof. Annette Diefenthaler und Prof. Dr. René Spitz, Mitglieder des Vorstands der iF Design Foundation, von ihr wissen. Colin Beard fragten sie: „Gestern hast du uns in vier Gruppen eingeteilt, uns eine Auswahl von Objekten und die Aufgabe gestellt, eine Visualisierung der Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Wie manifestierte sich Erfahrungslernen in dieser Aktivität?“ Wortmeldungen aus dem Publikum zu Aspekten des Lehrens und Lernens rundeten die fachliche Diskussion ab.

Impulsgeber »Learning & teaching sciences«

Colin is recognised as a leading global thinker, writer and skilled practitioner in Experiential Learning. He has worked with many organisations advising on learning and development, including the Foreign Service Department of the US Government working on the development of diplomats and ambassadors. He has also advised the Ministry of Education, and Ministry of Youth and Culture in Singapore on educational issues. He has worked with many corporate clients, public bodies, universities and charities. Colin was invited as a member of the European Innovation Team of Interface. Flor, the world’s largest floor textile manufacturer.

His work includes over 60 global keynotes, 19 book chapters, 44 refereed articles, and several books, including an audio book on sensory intelligence, and a 4th edition book on experiential learning. He has held three visiting professorships, including two in leading Chinese universities. He is on the editorial board and reviewing panels of many leading journals. He is a National Teaching Fellow, Chartered Fellow of the CIPD, and Fellow of the Royal Society of Arts.

Recent publication
Experiential Learning Design. Theoretical Foundations and Effective Principles. London: Routledge 2022.

Senior Program Manager at University of California, Office of the President; Project Consultant at New Schools Venture Fund; Research Consultant at Institute for International Education; Adjunct Professor at California State University, Northridge; Instructor and Administrator at Bishop Mora Salesian High School in Los Angeles. Facilitated and delivered 10+ conference workshops and talks across the United States and Europe.

M.A. in Leadership and Policy from Columbia University; M.A. in Secondary Education from Loyola Marymount University; B.A. in Journalism from Boston College

Recent Publication
It has been approximately two years since I last published, but two notable pieces include a design toolkit that I helped co-produce with colleagues and community members — the Co-Designing Schools Toolkit and an accompanying article on IDEO’s website.

Anna’s research stands at the intersection of learning sciences and design scholarship. She investigates design technologies and materials used for school and out-of-school learning with the aim to advance the understanding of gendered materiality of STEM learning and the design of educational technologies that support all learners. Guided by constructionist and posthumanist theoretical commitments as well as participatory approaches to design, Anna’s research focuses on the empirical study of how materials can foster STEM learning, transform what counts as STEM participation, and widen who participates.

Anna received postdoctoral training at the University of California, Irvine, and the Ruhr-University Bochum with a focus on STEM equity and adaptive educational technologies. Prior to this, Anna graduated with a PhD in Learning Sciences from Indiana University in 2020. Her dissertation on fiber crafts as a context for computer science education won the prestigious Indiana University Distinguished PhD Dissertation Award. Anna also studied New Media Art and Design at Aalto University and was a visiting researcher at the University of California, Berkeley, and the Srishti School of Art, Design, and Technology.

Recent publication
Fabric-based computing: (Re)examining the materiality of computer science learning through fiber crafts. In: Künstliche Intelligenz (2021). DOI: 10.1007/s13218-021-00747-1

Blanka Tacer, PhD of business administration and B.Sc. of psychology, has had an extensive career path spanning over 20 years. Her journey began in human resources management in the retail industry, where she was responsible for the selection and internal training system as a psychologist. However, after several years of working in the field of psychological assessment, she decided to pursue a doctoral degree in innovation management in start-ups. Upon completion, she dedicated her time and energy to the continuous professional development of educators, promoting positive education and growth mindset in teaching, which has become her passion.

Since then she encourages teachers to implement innovative teaching practices. She works on international projects and courses to promote positive education and growth mindset in teaching. Blanka believes in promoting active learning by encouraging teachers to use evidence-based approaches that help students develop their skills in critical thinking, problem-solving, and creativity. Through her work, she aims to inspire educators to be lifelong learners themselves and to help their students become the same.